Der Automobilhandel befindet sich in einer schwierigen Situation. Wenig Aufträge im privaten Neuwagengeschäft, ein größer werdendes Angebot bei ehemals teuer eingekauften Gebrauchtwagen und eine insgesamt deutlich spürbare Kaufzurückhaltung der Endverbraucher kennzeichnen das ausgehende Jahr 2023. Hinzu kommt die im August beschlossene Beendigung der Förderung von E-Autos für gewerbliche Kunden. Apropos gewerbliche Neuzulassungen: Zwei Drittel aller Neuzulassungen hierzulande sind gewerblich. Diese sind ungeheuer wichtig für den gesamten deutschen Automarkt, da diese Fahrzeuge nach relativ kurzer Zeit (nach ein bis drei Jahren) auf dem Gebrauchtwagenmarkt den Endverbrauchern zur Verfügung stehen. Das ist attraktive Ware, die derzeit allerdings noch zu sehr hohen Preisen angeboten wird. Daher rutschen immer mehr Fahrzeuge in den sogenannten Risikobestand, d. h. sie stehen zu lange beim Handel, länger als 90 Tage, und jeder einzelne Tag kostet Geld. Kein Wunder also, dass der Handel bei den Geschäftsaussichten für 2024 eher pessimistisch gestimmt ist, vieles läuft noch nicht rund – E-Autos sind beispielsweise kaum gefragt, und wenn, dann lassen sich diese nur mit hohem Beratungsaufwand und – im Fall von gebrauchten E-Autos – nur mit hohen Abschlägen verkaufen. Nicht einmal jeder zehnte Händler hält im Übrigen die Fokussierung der Politik rein auf Elektromobilität für richtig und wichtig. Insgesamt keine einfache Zeit für den Handel, der gemeinsam mit den angeschlossenen Werkstätten die Mobilität in Deutschland sicherstellen muss.
Beschaffungssituation noch angespannt: Dem Handel fehlten in den Jahren der multiplen Mangellage 2020 bis 2022 passende, vor allem junge Fahrzeuge. 2022 bestätigten 92% aller Händler, es sei schwierig an solche Gebrauchtwagen beim Hersteller zu kommen. Auch wenn die Situation 2023 etwas entspannter ist, sind die Zeiten alles andere als rosig. Knapp 60% bestätigten aktuell, dass die Beschaffung von neuen Fahrzeugen und Werksdienstwagen beim Hersteller schwierig sei. Etwas über die Hälfte sieht auch, dass junge Gebrauchte noch nicht in ausreichender Zahl verfügbar seien.
Pessimistischer Ausblick auf Wirtschaftslage: Auf die Frage „Wie schätzen Sie Ihre Geschäftsaussichten für das Jahr 2024 ein?“ gaben die Händler eher pessimistische Antworten. Über die Hälfte (55%) sieht das kommende Jahr unter schlechten Vorzeichen (35% „deutlich rückläufig“ und 20% „leicht rückläufig“). Ein positives Geschäftsjahr erwarten lediglich 12% und knapp ein Drittel ein gleichbleibendes Niveau. Ähnlich negativ waren die Ergebnisse Mitte 2022 für den Rest des Jahres (damals in Zeiten multipler Mangel-lage). Dagegen schätzten die Händler Mitte 2021, mit Abklingen der Corona-Pandemie, die Zukunftsaussichten deutlich positiver ein.
Eingetrübte Stimmung auch wegen E-Autos: Die derzeit eher negative Stimmung im Handel setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Neben dem Aus für die Förderung gewerblich zugelassener E-Autos läuft die Nachfrage von Privatpersonen nach E-Fahrzeugen schleppend. Nur 10% der Verkäufe an Privatpersonen waren BEV, 11% PHEV. Hinzu kommt: Wenn sich ein Kunde für ein E-Auto interessiert, dann sorgt dieser bei 78% der Händler für einen erhöhten Beratungsaufwand. In Zeiten ohnehin umfang-reicher Verwaltungstätigkeiten der Verkäufer ist das nicht leicht zu schultern. Und wenn es um gebrauchte E-Autos geht, so können zwei Drittel der Händler diese nur mit starken Nachlässen verkaufen.
Deutliche Mehrheit des Handels für Technologieoffenheit: Die Händler wurden gebeten, das folgende Statement für sich einzuordnen: „Die Automobilbranche befindet sich im Technologiewandel, der auch politisch gefördert und forciert wird. Welche Meinung haben Sie zu diesem Thema?“ 89% gaben zu Protokoll, sie könnten dem gewollten Technologiewandel nichts abgewinnen. 8% halten die Fokussierung allein auf batterieelektrische Antriebe für richtig und wichtig, und 3% wollten oder konnten sich dazu nicht festlegen. Damit steht die große Mehrheit des Handels den aktuellen politischen Weichenstellungen skeptisch gegenüber.
Gebrauchtwagen-Risikobestand steigt: Die Gebrauchtwagen beim Handel stehen aufgrund der hohen Preise, des gestiegenen Angebots und der Kaufzurückhaltung der Endverbraucher länger als in den vergangenen Monaten. Aber nicht nur die durchschnittlichen Standtage beim Handel sind relevant, sondern auch der Anteil der Fahrzeuge, die länger als 90 Tage stehen. Dieser sogenannte Risiko-bestand betrug 2020 38% und hat sich dann aufgrund der Mangellage auf 18% im Juli 2022 reduziert. Momentan sind es im Schnitt 29% der Gebrauchtwagen, die aus Sicht der Interessenten so unattraktiv sind, dass sie länger als 90 Tage stehen. Und jeder Tag kostet Geld: pro Pkw pro Tag derzeit 23 Euro.
Methodik Das DAT-Barometer ist eine Momentaufnahme aus primär- und sekundärspezifischen Daten des Automarkts. Für die Befragung des Handels Oktober 2023 wurde im Auftrag der DAT eine repräsentative Stichprobe von 534 Online-Interviews (CAWI) über TeleResearch erstellt (Feldzeit: 18.10. bis 31.10.2023). Die Gewichtung der Daten erfolgte nach Innungsmitgliedschaft, Händlertyp und Marke.
Unternehmen können ein wesentlicher Treiber der Mobilitätswende sein. Das belegt das DAT-Ba- rometer. Dass bei vielen Unternehmen ein Umdenken und ein Umbau hin zu einem nachhaltigeren Fuhrpark stattfindet, zeigt das Investitionsverhalten der Unternehmen und die aktuelle Auswertung. Mit 19 Prozent haben die alternativen Antriebe insgesamt erstmals die Benziner überholt und Diesel- fahrzeuge verzeichnen weiterhin einen Rückgang in den Fuhrparks. Doch rein elektrische Fahrzeuge liegen dennoch erst bei knapp neun Prozent. Der Hochlauf wird durch Reduktion und schließlich ab September mit dem Wegfall der Förderung für Unternehmen wesentlich gebremst werden.
Erfreulich ist allerdings, dass der Anteil an reinen Elektrofahrzeugen den von Plug-In-Hybriden über- steigt. Doch die „Mogelpackung“ macht dennoch mit 42 Prozent einen großen Anteil an den alternati- ven Antrieben. Was aber auch deutlich wird ist, dass der Hochlauf an Elektrofahrzeugen noch auf sich warten lässt. Gründe dafür könnten zum einen die Skepsis der Dienstwagenfahrenden sein – immer- hin wollen 32 Prozent zurück zu Verbrennern. Das macht deutlich, dass eine Wende und Verhalten- sänderung nur funktionieren wird, wenn die Menschen überzeugt, ja begeistert werden. Außerdem machen die Fuhrpark- und Mobilitätsverantwortlichen deutlich, dass es noch immer an dem Ausbau der Ladeinfrastruktur mangelt. Das spiegelt sich in der Meinung von 81 Prozent wider, die angeben, dass die Flotte nicht in der Lage wäre, alle Strecken rein batterieelektrisch zurückzulegen.
Hieran zeigt sich ein immenser Handlungsbedarf seitens der Politik. Der Ausbau der Ladeinfra- struktur muss weiter angekurbelt werden, damit Elektromobilität sich langfristig durchsetzen kann. Und – ein viel wesentlicherer Schritt, damit die Elektrifizierung nicht ins Stocken gerät – die Förder- maßnahmen müssen wieder für Unternehmen zugelassen werden. Der Wegfall der Förderungen ab September 2023 ist fatal und kommt zu früh. Es zeigt sich, dass Elektrofahrzeuge noch nicht ausreichend in den Fuhrparks verankert sind. Durch das Auslaufen der Maßnahmen für den gewerb- lichen Sektor könnte die Mobilitätswende erheblich ins Stocken geraten. Wir fordern daher dringend eine Überarbeitung der Fördermaßnahmen. Das Handeln der Politik ist notwendig! Und auch in den Unternehmen gibt es mehr als genug zu tun. Die Verantwortlichen müssen sich nach und nach von gewohnten Routinen verabschieden sowie Prozesse und Konzepte im Dienste einer gesamtheitlichen Herangehensweise an die betriebliche Mobilität auf den Prüfstand stellen.
…ins Leben gerufen, um die Diskussion um den Diesel zu versachlichen. Gemäß dem Auftrag der DAT, als neutrale Instanz die Daten der Automobilbranche zu sammeln, anzureichern und diese wieder strukturiert dem Markt zur Verfügung zu stellen, konnte eine umfangreiche Wissensplattform geschaffen werden. Diese soll unter dem Namen DAT-Barometer auch weiterhin als Grundlage all denjenigen dienen, die sich in öffentlichen Diskussionen über Themen aus der Automobilbranche vorzugsweise auf Fakten als auf Meinungen stützen. Die unterschiedlichen Perspektiven (private Autokaufplaner, Pkw-Halter, Automobilhändler, Fuhrparkverantwortliche) der einzelnen Veröffentlichungen zeigen hierbei das Spektrum des Marktes und dessen Sicht auf die individuelle Mobilität
Alle Details zu bisherigen Themen, schneller Zugriff auf alle Grafiken, einfache Recherche
sämtlicher Daten – rückwirkend bis 2017.
Sämtliche im DAT-Barometer enthaltenen Angaben sind urheberrechtlich geschützt.
Nachdruck und fotomechanische/digitale Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe
„Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT)“. Kommerzielle Nutzung, auch auszugsweise, nur nach vorheriger Zustimmung der DAT.
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